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FPÖ mischt sich in Uni-Lehre ein

Institutsleiter muss sich für Thema "Politischer Widerstand" rechtfertigen

Heide Korn
Der Standard-online, 28.04.2001



Wien - Als ÖVP und FPÖ in ihrem Regierungsprogramm (Kapitel Kultur und Kunst, Punkt 9) die Einrichtung eines "Forschungsschwerpunkts Volkskultur" vereinbart haben, meinten sie damit offensichtlich nicht dasselbe wie Dieter Schrage, Lektor an der Universität Wien. Schrage hält am Institut für Europäische Ethnologie (früher Volkskunde) eine Lehrveranstaltung zum Thema "Kultur des politischen Widerstands" ab. Im Kommentierten Vorlesungsverzeichnis des Instituts (KoVo) erklärt er sein Konzept folgendermaßen:

Widerstand als neue Volkskultur?

"Die Kunst der Stunde ist Widerstand", so lautet das Programm-Motto einer neuen oppositionellen österreichischen Film- und Videobewegung.

Die Tatsache, dass dank der Steigbügelhalter-Funktion der ÖVP mit der FPÖ eine nachweislich rassistische und fremdenfeindliche sowie vor allem auch kunstfeindliche Partei mit rechtspopulistischen Tendenzen in die
Regierung eingetreten ist, hat in Österreich und besonders in Wien eine breite Protest- und Widerstandsbewegung hervorgerufen. Kunstschaffende und ein breites Spektrum der österreichischen Kulturinstitutionen sind wesentliche Träger dieser neuen und weitgehend spontan entstandenen Widerstandskultur...

In der Lehrveranstaltung soll die Breite und Kreativität dieser Widerstandskultur erfasst, Materialien aus der Szene gesammelt und die These von dem "Widerstand als neue Volkskultur" überprüft werden.

Das war der FPÖ - woher kennt sie das institutsinterne KoVo überhaupt? - offenbar zu viel. Die Parlamentskorrespondenz vom 2. April berichtet, was Martin Graf (FP) im Nationalrat bei den Beratungen über das Bildungsbudget dazu zu sagen hatte (Zitat):

Ministerium befragt Rektor

"Man müsse auch hinterfragen, was der Steuerzahler alles zahlen müsse. Graf nannte als Beispiel dafür ein Seminar, das die so genannte Widerstandskultur zu dieser Bundesregierung untersuchen möchte. Wenn hier eine außerparlamentarische Opposition mit Steuergeldern finanziert werden soll, dann überspanne das den Bogen."

Nachdem der Kronen Zeitung per "stille Post" zu Ohren gekommen war, an der Uni werde quasi eine Vorlesung zur Erlernung des Widerstands gehalten, brachte sie nach Rückfrage im Institut eine korrekte Kurzdarstellung. Allerdings mit dem hämischen Zusatz: "Vielleicht könnte
man auch die Polizeistatistik über Donnerstagdemos zu Hilfe nehmen: 88 verletzte Beamte, 66 Festnahmen, 55 Millionen Schilling Mehrkosten." Dem folgte eine sachliche Klarstellung im Format unter dem Titel "Wir lehren nicht Bomben basteln". Sie beruhte auf einem Kurzinterview mit Konrad Köstlin, dem Vorstand des Instituts für Europäische Ethnologie, an dem Dieter Schrage lehrt.

Damit hätte das Thema erschöpfend abgehandelt sein können. War es aber nicht. Köstlin kann sich im Gespräch mit dem STANDARD nur wundern: "Zu allem Überfluss bekam ich jetzt von meiner Universität einen Brief, in dem man mich als Institutsleiter zur Stellungnahme auffordert.

Professor Köstlin: Ich bin entsetzt!

Gleichzeitig wurde mir mitgeteilt, dass das Wissenschaftsministerium sich beim Rektor erkundigt hatte, dieser jedoch auf der Freiheit der Lehre bestand. Ich muss sagen, ich bin entsetzt. So etwas ist mir noch
nie passiert. Ich kann auch nicht verstehen, dass ein solcher Eingriff als selbstverständlich durchgeht. Offensichtlich regt sich niemand darüber auf. Es sieht so aus, als hätte sich im herrschenden Klima bereits eine dicke Haut gebildet, die unempfindlich macht gegen Angriffe auf die Zivilität. Ich jedenfalls habe keine Lust, Lektoren zu zensieren. Außerdem: Dieter Schrage lehrt hier seit rund zwei Jahrzehnten."

Für Köstlin liegt es völlig auf der Hand, dass es in Form der Donnerstagsdemonstrationen eine neue Kultur des Widerstandes gibt. Es müsse daher möglich sein, Ursachen und Wirkungen in analytischer Form zu hinterfragen.

Die Verteidiger von Steuergeld kann Köstlin immerhin beruhigen: Das Kommentierte Vorlesungsverzeichnis wird nicht aus dem Unibudget, sondern von einem privaten Förderverein bezahlt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe,
28./29. 4. 2001)

updated: 28.04.2001 by werner
 
 
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