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Die Kunst der Versicherung

Maria-Theresia Litschauer kann sich über den medialen Applaus für die von Franz Morak mit Geltung seit Jahresbeginn durchgesetzte Künstlersozialversicherung nur wundern: De facto bewirke die neue Regelung für die Betroffenen eine Mehrbelastung, die rechtlich wie ökonomisch völlig inakzeptabel sei.

Maria-Theresia Litschauer
"Der Standard"-online, 22.02.2001


In seiner Analyse "Die große Feigheit vor dem Feind" (17. 2.) kritisiert Thomas Trenkler einerseits die Art, "wie Morak Entscheidungen fällt", verweist aber zugleich - im Hinblick auf die Umsetzung einer
Künstlersozialversicherung - auch auf den "Erfolg" des Kunststaatssekretärs (wie in allen Medien seit Monaten üblich).

Dieser Erfolg bewirkt nach Inkrafttreten der neuen Regelung mit 1. 1. 2001 für mich als bildende und seit Jahren pflichtversicherte Künstlerin (wie für viele Künstler/innen in ähnlicher Situation) Mehrbelastungen, die einer jedes akzeptable Maß überschreitenden Beitragserhöhung entsprechen.

Zunächst herrscht aber Chaos, verursacht durch die Nichterfüllung der Voraussetzungen seitens des Staates für die seit Jahresbeginn geltenden Neuregelung der Künstlersozialversicherung; das heißt, de facto schreibt
die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, bei der (bildende) Künstler seit langem pflichtversichert sind, nach Abschaffung des Sozialhilfefonds, der bis 1. 1. 2001 Zuschüsse bis maximal 50
Prozent des Sozialversicherungsbeitrags (auf Basis des letztgültigen Einkommensteuerbescheides) geleistet hat, jetzt mangels Umsetzung und Dotierung des neuen Künstlersozialversicherungsfonds (K-SVF), den
Künstler/ innen Beiträge in 100-prozentiger Höhe vor.

Zur Veranschaulichung in absoluten Zahlen: Zum Mindestbeitrag Versicherte (geltend bis zu einem Einkommen von maximal 90.000 S im Jahr) sind jetzt mit einer Vorschreibung von knapp 7.000 S (statt bisher etwa 3300) konfrontiert. Das ist, auch rechtlich, inakzeptabel! Laut Auskunft des K-SVF - nach zum Teil mühsamen Recherchen bei der Versicherungsanstalt (deren Angestellte infolge der unklaren und
unkoordinierten geänderten Regelungen völlig überfordert sind), im "Büro Morak" (wo man vom eigenen Erfolg so überzeugt ist, dass mein Anruf sehr überraschte wenn nicht irritierte) und von dort verwiesen zur
Literar-Mechana, die wiederum weiterverwies auf den Künstlersozialversicherungsfonds (K-SVF) - stellt sich das neue Prozedere für die Versicherungsnehmer so dar:

Der neu konstituierte und aus anderen Töpfen zu dotierende K-SVF kann Zuschüsse in maximaler Höhe von 1000 S pro Monat (nunmehr auf Basis einer Einkommensuntergrenze von ca. 50.000 S) ausschütten - das bedeutet für bisher zum Mindestbeitrag (ca. 3300 S) versicherte Künstler/innen, sofern sie ca. 50.000 S mindestens verdienen, im Fall des Höchstzuschusses eine Beitragserhöhung von etwa 16 Prozent!
Voraussetzung für den Zuschuss ist ein Ansuchen beim K-SVF, das den Nachweis der künstlerischen Befähigung und die Bestätigung eines jährlichen Einkommens zwischen 50.000 und 270.000 S beinhalten muss.

Reine Schikane

Dass diese Bedingungen nicht nur für neu zu versichernde Künstler/innen gelten, sondern auch für bereits versicherte, ist nicht nachvollziehbar und absurd. Da schon immer der Nachweis der künstlerischen Befähigung Voraussetzung für die Versicherung (wie für die steuerliche Veranlagung) war und die Beitragsbemessung am letztgültigen Einkommensteuerbescheid mittels Datentausch zwischen Finanzamt und Versicherung, erfolgt(e) - der Versicherung also alle relevanten Daten verfügbar sind - ist das erneute Ansuchen von bereits versicherten Künstler/ innen eine reine Schikane und zudem ein verwaltungstechnischer sowie -budgetärer Mehraufwand! Von Kundenservice - über die geänderte Vorgangsweise und die Höhe der Beitragsvorschreibung, seriöserweise vor Inkrafttreten, zu informieren - gar nicht zu reden!

Es zeigt sich hier vielmehr eine Kunst- und Kulturpolitik, die ausschließlich an marktwirtschaftlichen Kriterien orientiert ist, ohne sich selbst an diese zu halten: Künstler/innen werden als solche über eine Mindesteinkommensgrenze zu definieren versucht, ein verwaltungsbudgetärer Mehraufwand wird produziert, der jeder Strukturreform zuwiderläuft und dem von der Regierung verkündeten ausgabenseitigen Sparen völlig widerspricht. Wie die chaotische und für viele (bildende) Künstler/innen beunruhigende Situation zeigt, war die "erfolgreiche Umsetzung der Künstlersozialversicherung" offensichtlich auf die gesetzliche Festschreibung beschränkt; den Vollzug zu koordinieren und sicherzustellen gehört wohl nicht zum Dispositiv einer auf Geschwindigkeit allein ("speed kills") abstellenden Politik.

PS: Für die nächste Zukunft steht der zweite Teil des Künstler/innen betreffenden Versicherungspakets, nämlich die 25. Novelle zum GSVG, an. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Krankenversicherung der
Künstler/innen nicht mehr nach dem ASVG erfolgt, sondern ins GSVG übernommen wird; und das heißt, wie für alle Selbständigen, 20 Prozent Selbstbehalt! Ein weiterer "Erfolg" des Kunststaatssekretärs!?

ZUR AUTORIN:
Maria-Theresia Litschauer ist Künstlerin in Wien.
(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21. 2. 2001)

updated: 24.02.2001 by werner
 
 
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