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"Sind kunstfeindlich"

Interview. Matthias Herrmann, Präsident der Wiener Secession, über Kulturpolitik, Zensur und die Klagswut der FPÖ.

Patricia Grzonka
"profil"-online, 19.02.2001


Die Wiener Künstlervereinigung Secession hat letztes Jahr in dritter Instanz einen Prozess gegen den Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger verloren. Die Klage bezog sich auf ein Bild des Künstlers
Otto Mühl, das im Rahmen einer Secessions-Ausstellung gezeigt worden war. Meischberger sah sich in diffamierender Weise in diesem Mühl-Bild dargestellt. Das Urteil wurde damit begründet, dass das
Persönlichkeitsrecht und die Freiheit der Kunst gleichrangig seien. Zensur im engeren Sinne stellt dieser Fall nicht dar, wohl aber wird damit eine Reihe von Fragen um die aktuelle Kulturpolitik und um ein Eingreifen in die freie Meinungsäußerung aufgeworfen. Ein international besetztes Symposium zum Thema Zensur findet diese Woche statt (siehe Kasten).

profil: War die Klage von Walter Meischberger gegen die Secession konkreter Anlassfall, oder gibt es darüber hinaus weitere aktuelle Gründe für ein Symposion zum Thema Zensur?

Herrmann: Der direkte Anlassfall ist sicher die Meischberger-Klage. Aber wir gehen auch der Frage nach, was es bedeutet, dass eine Klage so entschieden worden ist, und ob sie vielleicht vor zwei Jahren anders
entschieden worden wäre.

profil: Ihre Meinung dazu?

Herrmann: Ich denke, dass wir grundsätzlich heute ein weniger liberales Klima haben als vor einem Jahr, dass viele Leute Angst haben, Dinge zu sagen, weil sie von der FPÖ geklagt werden könnten.

profil: Geht es da um existenzielle Ängste?

Herrmann: In dem Moment, wo jemand geklagt wird, geht es sehr wohl um existenzielle Ängste. Die Meischberger-Klage war für die Secession letztlich auch ein sehr teures Unterfangen. Meischberger hat die
Secession auf Unterlassung und Schmerzensgeld geklagt. Wir haben den Prozess in erster Instanz gewonnen, in zweiter und dritter verloren, und jetzt ziehen wir die Sache nach Straßburg weiter. Die Urteilsbegründung erscheint uns grotesk, weil Meischberger damals ja Politiker war - demnach müsste man die gesamte politische Satire wegsperren. Aber die Klage kommt auch einer Vernichtung dieses Bildes gleich, weil keine Institution mehr dieses Bild zeigen kann. Für mich ist das schon ein Indiz für die Klagswut der FPÖ: Da wird versucht, und meiner Meinung nach massiver denn je, über Klagen gesellschaftspolitische Dinge zu verändern, Leute unter Druck zu setzen.

profil: Wie viel hat der Prozess die Secession bis jetzt gekostet?

Herrmann: Um die 350.000 Schilling. Unter anderem hatte Meischberger eine mit hohen Kosten verbundene Urteilsverkündung in diversen Medien erstritten.

profil: Deutet dieses Urteil auf eine Verschärfung des kulturpolitischen Klimas in Österreich?

Herrmann: Zensur ist nicht eindeutig gut oder böse. Wenn es um die ganzen Internet-Seiten mit Kinderpornografie oder Naziparolen geht, dann ist man da ja eindeutig für eine Zensur. Etwas anderes ist es, wenn Zensur ein eindeutig politisch motiviertes Moment aufweist.

profil: Wie agiert nun eine Kunstinstitution in so einer Situation? Die Wiener Secession ist eine der Vereinigungen, die sich von Anfang an eindeutig gegen die schwarz-blaue Regierung positioniert hat.

Herrmann: Die Secession will sich von keinem Lager vereinnahmen lassen. Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir unser Programm unbeeinflusst von der politischen Tagesaktualität weiterbetreiben, haben aber
gleichzeitig das Fassadenprojekt realisiert, für das internationale KünstlerInnen Arbeiten zur politischen Situation hier geschaffen haben. Wir machen einfach das weiter, was wir immer gemacht haben, mit einem
starken Fokus auf nicht marktkompatible Positionen.

profil: Wie wichtig ist es, jetzt kulturpolitische Stellen zu besetzen, oder kommen Vertreter von repressivem Zuschnitt ohnehin nicht ans - kulturpolitische - Ruder?

Herrmann: Die Kunstwelt war sich auch vorher nicht einig, und man darf der neuen Regierung jetzt auch nicht so viel Macht einräumen, dass plötzlich alle einer Meinung sein müssen. Zum Beispiel die Sache mit dem
Kunstbeirat: Mir persönlich ist es lieber, es sind gute Leute im Kunstbeirat, als dass man das Feld den Wald- und Wiesenmalern überlässt.

profil: Braucht man nun Angst zu haben vor blauen Kulturpolitikern?

Herrmann: Angst ist generell ein schlechter Ratgeber. Wir haben ja alle die Möglichkeit, das Land zu verlassen. Man sollte auch nichts emotionalisieren: Das sind ganz einfach Gegner, und sie sind kunstfeindlich.


updated: 19.02.2001 by werner
 
 
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